Online-Shopping ist der Sieg der Bequemlichkeit und der Macht von Google, Amazon und Co.
Online Marketing Fulda Content Marketing

Der Einzelhandel muss gezielte Maßnahmen des Online-Marketings umsetzen, um sich gegen den E-Commerce zu behaupten

Mein Statement zum Interview mit IHK-Hautgeschäftsführer Stefan Schunck im Fuldaer Marktkorb, Ausgabe 48

In der Sonntagsausgabe des „Marktkorbs“ vom 02.12.18 widmete sich das Werbeblättchen kurz vor Weihnachten auf drei Seiten dem Thema „Einkaufserlebnis im Einzelhandel – Online vs. Offline“. Mit Interviews und Stellungnahmen hatte sich die Redaktion auf die Fahne geschrieben den stationären Handel in Fulda zu unterstützen.

Neben dem Bericht mit dem Apotheker Dr. Ansgar Wieschollek, wurde  in einem Interview IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schunck zur Lage der konkurrierenden Handelssysteme befragt. In den Antworten waren mir zu viele Allgemeinplätze drin. Mit seinen Aussagen hilft der IHK-Chef Fuldas Einzelhandel nicht weiter.

Es gibt viele konkrete Möglichkeiten den stationären Handel nach vorne zu bringen. Dazu müssen jedoch konkrete bzw. strategische Online-Marketing-Maßnahmen umgesetzt werden, die leider nicht zur Sprache kommen. Auf der anderen Seite sind die Boom-Zeiten im E-Commerce längst vorbei. Das ist bei dem Thema leider völlig untergegangen.

Meine Motivation mich einzumischen

Da ich mehrere Kunden aus dem Einzelhandel mit Content- und Online Marketing-Dienstleitungen betreue und darüber hinaus viele Jahre selbst im Verkauf tätig war, ist es mir ein Anliegen ein paar Dinge anzusprechen.

Schon vor 18 Jahren habe ich kommen sehen, dass der stationäre Handel mit dem E-Commerce sich einmal richtig schwertun wird. Jetzt haben wir eine Situation der kontinuierlichen Umsatzsteigerung im E-Commerce. Jahr für Jahr wird dem Einzelhandel immer mehr Umsatz streitig gemacht. Der Online-Handel nimmt derzeit gut 10 Prozent des gesamten Handelsvolumens ein. Tendenz weiter steigend. 40% des Umsatzes im E-Commerce streicht sich übrigens Amazon ein.

Was allerdings vergessen wurde zu erwähnen ist die Tatsache, dass das gesamte Handelsvolumen seit 2008 ebenfalls gestiegen ist. Die Steigerungen sind allerdings nicht so groß wie beim E-Commerce (Siehe Grafik).

Lokaler Marktplatz mit „Spüre Fulda“

Im Eingangstext geht Redakteur Mirko Luis auf eine Studie der Unternehmensberatung KPMG ein, die die „Trends im Handel 2025“ untersucht hat. Daraus geht hervor, dass (Innen)Städte versuchen in Zusammenarbeit mit Gewerbevereinen und Verantwortlichen für das Stadtmarketing neue Konzepte zu realisieren, die das Einkaufen in der Stadt attraktiver machen.

Guter Ansatz: Spüre Fulda
In Fulda gibt es solche Maßnahmen bereits. Der City-Marketing e. V. hat eine Online-Plattform namens „Spüre Fulda“ geschaffen. Hier wird versucht den Händlern und der Gastronomie in der Innenstadt dahingehend eine Unterstützung zu geben, ihre Angebote online auf der „lokalen Suchmaschine“ www.spuere-fulda.de anzubieten. Ferner werden auf der Fanpage des City Marketings laufend aktuelle Post zu Aktionen, Angeboten und Events der Barockstadt veröffentlicht.

Die Website, die eine Kombination aus Branchensuche, Blog, Angebotsseite und Eventkalender ist, halte ich für ein gelungenes Konzept. Was die Angebote angeht, sind die Mitgliedsgeschäfte gefragt Content zu liefern. Dieser wird mit der Fanpage des angeschlossenen Mitglieds verknüpft und auf spuere-fulda.de mit eingebunden.

Hier sehe ich die größte Herausforderung für die Geschäfte und des Konzepts: wie wird sichergestellt, dass regelmäßig relevanter Content mit Angeboten, nützlichen Infos und guter Unterhaltung geposted wird?

Es ist nämlich so: Wenn eine Plattform, wie „Spüre Fulda“ von den Machern zu wenig mit guten Inhalten bespielt wird, ist sie suchmachinentechnisch kaum relevant. Soll heißen: Die Besucher werden mit ihrem Smartphone kaum ein Ergebnis in Google finden und besser mit den vorderen Ergebnissen des Brancheneintrages von Google zurechtkommen.

Facebook benötigt Werbebudget
Besser funktioniert da schon Facebook. Allerdings werden die 2800 Fans auch „nur“ via Beitrag informiert. Da es zu wenigen Interaktionen bei den Posts kommt, ist die Wahrscheinlichkeit alle Fans zu erreichen, gering. Um wirklich gesehen zu werden, ist es erforderlich die Beiträge und alle anderen Posts, wie Videos oder Fotos, zu bewerben. Aber anscheinend steht hierfür kein Budget zur Verfügung. So viel zu dem Thema „Lokaler Marktplatz“.

Kommen wir nun zum Interview mit Herrn Schunck

Zu Frage 1:
Bei der ersten Frage, wie denn die Entwicklung durch den steigenden E-Commerce-Anteil die Situation in Osthessen ist, antwortet Herr Schunck, dass Kommunen und der stationäre Handel rechtzeitig reagieren müssen. Sonst drohen Marktanteilsverluste. Was auch immer das heißt, seit Jahren wird der Einzelhandel mit den schwieriger werdenden Bedingungen konfrontiert. Es ist also nichts Neues, dass weniger Besucher in der Fuldaer Innenstadt einkaufen. Das ist allerdings kein reines Problem, was durch den E-Commerce entstanden ist. Einkaufszentren, wie die Kaiserwiesen, Justus-Liebig-Center oder das Emaillierwerk ziehen ebenso Kundschaft ab.

Zu Frage 2:
Bei der nächsten Frage, was die Politik dafür tun kann, um die Situation für den stationären Handel zu verbessern, bin ich mit den Antworten des IHK-Chefs da core. Es muss vor allem Klarheit geschaffen werden in Bezug auf das Sonntagsshopping.

Zu Frage 3:
Die nächste Frage, was denn ein Einzelhändler tun kann, um sich vom Online-Handel abzusetzen, ergibt eine für mich sehr unbefriedigende Antwort. Herr Schunck schlägt vor mit „intensiver Beratung und attraktiven Angeboten in seinem Umfeld das Einkaufen zum Erlebnis zu machen“.

Zunächst muss man sich vor Augen führen, dass Onlineshopping eine sehr bequeme Art des Einkaufens ist. Meist sind die Angebote in den Shops attraktiv. Doch das ändert sich gerade. Der E-Commerce hat mit steigenden Kosten zu kämpfen, die sich natürlich in den Preisen widerspiegeln. Die Schnäppchen sind weniger geworden, da Kosten für Ads, SEO, Shop-Systeme, Hosting, Sicherheit usw. gestiegen sind.

Was die Beratung angeht, so sollten sich Verkäufer des stationären Handels öfters mal ein Review-Video auf Youtube anschauen. Hier werden Produkte erklärt, verglichen und getestet. Das Niveau ist mittlerweile sehr hochwertig. Mir stellt sich dann die Frage: Warum machen die Einzelhändler nicht selbst Erklär- oder Unboxingvideos? Weil die Geschäftsführung hierfür keinen Bedarf sieht. Das halte ich für einen Riesenfehler.

Zu Frage 4:
Nächste Antwort zur Abgrenzung, Zitat: „Im Übrigen empfehle ich dem Einzelhandel, sich nicht vom Onlinehandel abzugrenzen, sondern ihn als weiteren Vertriebsweg zu begreifen. Konkret bedeutet das: Der Einzelhandel sollte sein Angebot auch online präsentieren und im Internet Lust darauf machen, in das Geschäft zu kommen.“ Die Aussage ist auch kaum noch zeitgemäß. Eine Website hat heutzutage nahezu jedes Geschäft. Mit Sicherheit zum xten Mal relauncht, für Smartphones optimiert und der DSGVO angepasst. Das ist also weniger das Problem.

Die Schwierigkeit ist doch die Kunden in die Geschäfte zu locken, wenn Kunden mit ihrem Smartphone recherchieren. Hier sind vor allem folgenden Punkte wichtig:

  • Einen vollständig gepflegten Brancheneintrag bei dem Google-Dienst My Business
  • Aktuelle Beiträge, die über die Beitragsfunktion in My Business kostenfrei veröffentlicht werden
  • Möglichst viele authentische Bewertungen
  • die Website ist lokal optimiert und mit allen relevanten Keywordkombinationen bestückt, die für einen Einkauf relevant sind.

Außerdem ist es allen Einzelhändlern zu empfehlen sich intensiv mit ihrem Kunden zu beschäftigen. Was haben sie für Ängste, Nöte und Anforderungen, die sich beim Suchen in Google widerspiegeln? Sicherlich kann hier die Website mit Fragen und passenden Antworten verbessert werden. Oder auch mit kurzen Videoclips, die ja suchmaschinentechnisch ebenso relevant sind.

Einen eigenen Shop zu realisieren, halte ich in der heutigen Zeit für sehr gewagt. Wenn man als Einzelhändler nicht gerade einer Kette angehört, rate ich davon ab, ein eigenes E-Commerce-Projekt zu stemmen. Die großen Plattformen, wie Amazon oder ebay haben mittlerweile so eine Marktmacht, dass die Wahrscheinlichkeit einen Online-Shop erfolgreich zu führen, deutlich schwieriger geworden ist. Ganz zu schweigen davon einen Shop jemals profitabel zu bekommen.

Zu Frage 5:
Als nächstes wird nach der Qualität des Einkaufs gefragt und wie es um ein emotionales Einkaufserlebnis bestellt ist. Die Antwort von Herrn Schunck ist aus meiner Sicht plausibel. Die Kundenanforderungen haben sich geändert und nie war es aufwendiger für den stationären Handel zu verkaufen. Dazu gehören eben nun mal Show und Unterhaltung.

Zu Frage 6:
Ob der Händler bei sich selbst anfangen muss und sich den Anforderungen anpassen muss, ist die nächste Frage. Herr Schunck antwortet genau richtig. Ich hätte mir gewünscht, er hätte seine Aussage noch drastischer formuliert. Nämlich so: „Wer bis jetzt als Einzelhändler immer noch nicht verstanden hat selbst Veränderungsprozesse Richtung Online-Wahrnehmung und -Aufmerksamkeit abzustoßen, ist in den nächsten Monat tot“.

Zu Frage 7:
Die nächste Frage beschäftigt sich damit, wie die bestehenden Netzwerke in Fulda noch besser genutzt werden können. Da bin ich ebenfalls seiner Meinung.

Ich würde mir wünschen, es gäbe mehr Know-how-Transfer zwischen für das Online-Marketing verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Nicht jedes Geschäft hat einen Vollzeit-Marketing-Verantwortlichen. Die Aufgaben in diesem Bereich werden jedoch immer komplexer. Es würden sich Arbeitsgemeinschaften anbieten, um personelle Ressourcen zu teilen, damit die Aufgaben bewältigt werden können. Websites zu pflegen, Social Media zu bedienen, und Videos zu produzieren ist viel Arbeit, die langfristig auf den Erfolg des Einzelhandels einzahlt. In den seltensten Fällen kann das ein Mitarbeiter aus dem Verkauf tun.

Zu Frage 8:
Ob sich Fuldas Einzelhandel neu erfinden muss, ist die vorletzte Frage des Interviews. Die Antwort von Herrn Schunck ist soweit in Ordnung. Er sieht keinen Bedarf, das Rad neu erfinden zu müssen. Was mir fehlt ist ein besseres Verständnis der Geschäftsinhaber für den Online-Markt. In meiner Arbeit stelle ich immer wieder fest, wie schlecht das Verkaufspersonal über Trends, Entwicklungen und ihren eigenen Markt im Internet informiert sind.

Wer von den Verkäuferinnen und Verkäufern ist selbst in den Sozialen Netzwerken aktiv und kennt YouTuber, Influencer, Instagramer, Meinungsmacher und Experten? Es gilt also das eigene Personal dahingehend zu entwickeln dem gut informierten Kunden, der sicherlich alle Kanäle des Internets vor einem Kauf nutzt, auf Augenhöhe zu begegnen. Mir sind die Geschäftsleute auch viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Die viel zitierte Kundenorientierung findet zu selten statt. Man versucht zu oft das zu verkaufen, was man selbst verkaufen will, aber nicht das, was der Kunden fordert.

Wäre es nicht gut gewesen auch mal die Nachteile und Probleme, die der E-Commerce hat, anzusprechen? Kein Wort über sinkende Marschen, gestiegene Kosten durch Umtausch und Reklamation, Datenschutz, Verpackungsordnung und Bewertungsterror. Was ist mit der Logistik? Bekommen Kunden, die online bestellt haben wirklich rechtzeitig Ihr Paket vor Weihnachten? Letztes Jahr gab es da erhebliche Probleme, die sich so leicht nicht von DHL, DPS und UPS lösen lassen. Gerade hier hat doch der stationäre die Argumente auf seiner Seite. Das wird allerdings nicht angesprochen.

Zu Frage 9:
Was kann der Einzelhandel vom Online-Handel lernen? Herr Schunck antworte auch hier wieder zu sehr in Allgemeinplätzen. Zitat: „Beratung: Im stationären Handel werde ich beraten und über die Produkteigenschaften aufgeklärt, online muss ich mir Antworten auf meine Fragen im Zweifel selbst erarbeiten.“ Wenn ich plane, mir ein Produkt zu kaufen, ist meiner Meinung nach das Erarbeiten der Fragen im Internet ein Klacks. Findige YouTube und Blogger wissen ganz genau, welche Fragen von Kunden zu den Produkten gestellt werden. Und Google hilft den Suchenden auch noch per Suggest dabei. Das macht nämlich den Erfolg der Onliner aus. Sie verstehen es, Fragen zu beantworten.

Gut, aus rein haptischer Perspektive hat der Einzelhandel immer die Nase vorn. Deshalb gibt es ja auch genügend Menschen, die lieber offline kaufen, weil sie sich auf Ihre Sinne verlassen, die im Internet nicht bedient werden.

Ich frage mich zu guter Letzt, ob die Absatzwege sich ergänzen müssen, wie Herr Schunck glaubt. Also wenn ich als Einzelhändler keinen Shop habe, ist der Online-Shop die Konkurrenz. Die Website des stationären Handels hat die Aufgabe, im Vorfeld Vertrauen aufzubauen und die Kunden ins Geschäft zu bewegen. Dazu ist es erforderlich, den Ansprüchen des Kunden gerecht zu werden.

Nicht umsonst ist die Website mit den besten Inhalten, der besten Optik und der besten Usability die am besten rankende Website in Google. Wenn ein Einzelhändler dieses Potenzial nutzt und das mit den oben genannten Diensten von Google (wie My Business) kombiniert, kommt kein lokal suchender Kunde am Angebot des Händlers vorbei.

Noch was zur Preistransparenz: diese ist dann wichtig, wenn der Kunde weiß, was er will. Nicht selten ist der Preis jedoch von weiteren Kriterien abhängig, wie Version, Erweiterung oder Größe usw. Dann wird es mit der Vergleichbarkeit schwierig. Das ist durchaus ein Vorteil für den Handel.

Beim Service ist es doch so, dass der E-Commerce hier seine Lektionen gelernt hat. So gut wie jeder Versandhandel schickt Rücksendeformulare mit und wickelt Reklamationen zuverlässig online ab. Da benötige ich keinen Ansprechpartner. Baut der Online-Händler Mist, ist ihm eine negative Bewertung gewiss. Und das kann sich kein Versender leisten.

Mein Fazit:

Der Einzelhandel wird sich in den nächsten Jahren damit abfinden müssen, bei sinkenden Umsätzen mehr in Online-Marketing zu investieren. Regionale Geschäfte werden trotz vieler Bestrebungen mit Mulitchannel & Co. keine Lösung vorfinden, die sie betriebswirtschaftlich sinnvoll am E-Commerce beteiligen lässt. Der einzige Ausweg ist momentan auf Plattformen, wie Amazon oder ebay zu setzen. Nur Geld verdienen lässt sich für die Kleinen mit den harten Bedingungen der Amerikaner kaum. Mal ganz zu schweigen von den Abhängigkeiten und Risiken, die diese schnelllebige Form des Online-Absatzes hat. Kleine Händler in Fulda tun sich gut daran, ihre Hausaufgaben in Richtung Online-Marketing zu erledigen. Und noch ein Hinweis: die fetten Jahre des E-Commerce sind längst vorbei. Es wird schon ein großes Sterben von Online-Shops prognostiziert. Hätte in dem Interview auch mal zur Sprache kommen können.